28 - Teure Mäuse

Unsichtbares Akkordeon
 

Transportstress machte das geplante Experiment nicht nur teuer, sondern undurchführbar.

Auflösung
 

Eine Doktorandin in Deutschland bestellte Labormäuse einer bestimmten KnockOut-Reihe direkt bei einer Firma in den USA, die das entsprechende Patent hielt. Bei KnockOut-Mäusen werden mittels genetischer Manipulation gezielt Gene deaktiviert, um die durch sie regulierten biologischen Mechanismen zu untersuchen. Außerdem eignen sich derartige Tiere als Modell für menschliche Erkrankungen und pharmakologische Fragestellungen. Die Bestellung in den USA führte dazu, dass die Transportkosten der Mäuse (mehrere Tausend Euro für Tiertransport im Flugzeug) deren Wert (ca. 3,50 Euro je Maus) um ein Vielfaches überstiegen. Problematisch war zudem, dass die Tiere für das geplante Experiment durch den langen und stressigen Transport unbrauchbar waren. Eine spätere Bestellung über einen europäischen Lizenznehmer für das Patent war zwar problemlos möglich, aber die Aktion kostete die Doktorandin wertvolle Zeit und ihr Institut unnötig Geld. Wahrscheinlich handelte es sich aus Sicht der meisten Mitarbeiter/innen im Labor um „Allgemeinwissen“, dass nicht nur die Patenthalter die richtigen Mäuse liefern können, sondern auch Lizenznehmer in Europa. Es war so selbstverständlich, dass es keinen Gesprächsanlass gab, und die Doktorandin hätte diese Information aktiv abfragen müssen.

Die Bestellunterlagen wurden zwar daraufhin geprüft, dass der richtige Maustyp bestellt wurde. Die eher banale Frage woher die Mäuse kamen, hatte der Projektleiter wahrscheinlich nicht auf dem Schirm und bestätigte die Bestellung, ohne den US-Lieferanten in Frage zu stellen.

Diese Geschichte zeigt, wie wichtig es ist, implizites Wissen zu verschriftlichen. Eine Liste mit Auswahlkriterien und möglichen Bezugsquellen für Versuchstiere verschiedener Genlinien hätte diesen Fehler verhindert. Der Doktorandin wäre sicher aufgefallen, dass die US-Firma nur einer von mehreren in Frage kommenden Lieferanten ist. Ein systematisches Vorgehen bei der Auswahl ist nicht nur für Versuchstiere, sondern auch für Software, Hardware, Messgeräte und Verbrauchsmaterialien sinnvoll.

 
Quelle:
  • persönliche Kommunikation